Folge 4: Der Hohe Norden

©Brian Leith Productions - Terra Mater - Kieran O'Donovan

15.10.2014, 20.15 Uhr, ServusTV
Die vierte und letzte Folge trägt den Titel "Der Hohe Norden" und führt weit hinauf in die Polargebiete Kanadas - eine raue Welt, die den größten Teil des Jahres über von Schnee, Frost und Eis beherrscht wird.

Auf den ersten Blick  erscheinen die arktischen Regionen abweisend, schroff, ja lebensfeindlich - und doch findet sich hier eine überraschend vielfältige Tierwelt. An der Spitze steht ein Lebewesen, das zum Symbol der Arktis geworden ist - der Eisbär.

Die Kamera folgt der Eisbärin und ihren beiden Jungen bei ihrer Wanderung nach Norden, zum Polarmeer. Dort begibt sich die Familie auf das Meereis hinaus, um Robben zu jagen. Eisbären überraschen gelegentlich Robben, die auf dem Eis rasten und dösen - oder sie erwischen ein unerfahrenes Junges, das sich nicht schnell genug durch ein Eisloch ins Wasser retten konnte. Manchmal durchbrechen die mächtigen Bären mit Stößen ihrer Vordertatzen sogar gezielt dünnere Stellen im Eis, um Robben im Wasser darunter zu überraschen.

Doch die Arktis ist jene Region der Erde, die sich aktuell am schnellsten erwärmt. Das Meereis schwindet zusehends, die Eisfläche wird immer kleiner - und damit verringern sich auch die Jagdmöglichkeiten für hungrige Eisbären. Die "Herrscher der Arktis" müssen zunehmend erfinderischer werden, um zu überleben. In einer sehenswerten Szene versuchen die Eisbärin und ihre halbwüchsigen Jungen, eine verschneite Felswand zu erklimmen, um eine Kolonie von Dickschnabel-Lummen zu erreichen. Am Ende erbeuten die drei Petze nur einen einzigen der Meeresvögel - zuwenig, um den Bärenhunger zu stillen.

Eine andere Sequenz verdeutlicht die klimatischen Veränderungen in der Arktis noch eindrucksvoller. Sie enthüllt ein Verhalten, das so noch nie zuvor gefilmt wurde: am George River im nördlichen Québec versuchen Eisbären, es ihren Verwandten, den Grizzlies, gleichzutun - indem sie im Fluss Lachse fangen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn den Eisbären fehlt die Erfahrung - und so müssen sie erst nach dem Prinzip Versuch und Fehlschlag mühevoll und tollpatschig lernen, die Fische zu erbeuten.

Auch andere Lebewesen suchen in der polaren Einöde nach Nahrung: so menschenleer die kanadische Arktis auch wirkt - die Inuit haben gelernt, am Ende der Welt zu überleben. Neben der Jagd auf Robben und Wale und dem Fischfang nutzen die Menschen hier eine weitere Nahrungsquelle.

Im Februar, wenn der arktische Winter mit Temperaturen von minus 40 Grad Celsius das Jagen und Fischen schwierig bis unmöglich macht, suchen die Inuit, die in der nordöstlichen Ecke von Québec leben, eine besondere Stelle an der Küste auf. Hier finden sich die extremsten Gezeiten auf unserem Planeten: zwischen Ebbe und Flut liegen 16 Meter Höhenunterschied. Das führt dazu, dass sich die Eisschicht, die das Meer im Winter bedeckt, extrem auf und ab bewegt - die Landschaft scheint zu atmen.

Wenn sich das Wasser während der Ebbe zurückzieht, werden Höhlen unter dem Eis zugänglich. Dorthin dringen die Inuit vor, um mitten im arktischen Winter Muscheln zu sammeln - eine willkommene und notwendige Ergänzung ihres Speiseplans. Doch bei der Ernte unter dem Eis heißt es schnell sein: wenn die Flut kommt, müssen die Menschen die Höhlen wieder verlassen haben - andernfalls droht der Tod durch Ertrinken...

Die Arktis ist jener Teil Kanadas, der mit dem Wechsel der Jahreszeiten die größten Veränderungen erlebt. Dazu kommt, dass sich dieser Lebensraum auf lange Sicht stark wandeln wird, wenn die derzeitige Erwärmung anhält. Dies stellt in Zukunft wohl die größte Herausforderung für die Bewohner der Polarregion dar - das gilt nicht nur für Kanada, sondern auch für alle anderen Anrainerstaaten der Arktis.